Liebe Geschwister,
vor einem Jahr hatte ich schon einmal darüber berichtet, dass ich meine gewohnten Fahrradrunden mitunter andersherum fahre. Dabei fallen mir dann am Weg mitunter Dinge auf, die ich sonst gar nicht bemerkt hatte. Am Wochenende war wieder mal so ein Andersherum-Tag. Natürlich sind mir auch wieder neue Dinge aufgefallen. Ich habe aber noch eine andere Entdeckung gemacht. Als ich schon eine Weile unterwegs war, hatte ich dass Gefühl, dass ich noch ganz viel Strecke vor mir habe. Irgendwie fühlte sich meine Fahrradrunde länger an. Ein Blick auf meinen Tacho sagte mir, dass ich aber schon die Hälfte der Strecke geschafft hatte. Woran lag das? Warum täuschte mich mein Gefühl? Wenn ich die Strecke normal fahre, nehme ich sie immer wieder auf die gleiche Art und Weise wahr. Das Gehirn fängt an, alles als einen automatischen Prozess einzustufen. Das beeinfluss die Wahrnehmung. Ähnliches kann auch beim Autofahren passieren, zum Beispiel auf dem Arbeitsweg, den wir Tag für Tag fahren. Irgendwann nehmen wir selbst längere Autofahrten anders wahr, als wenn wir sie zum ersten Mal gefahren sind. Dieses Phänomen wird auch von Psychologen erforscht und wird übersetzt Autobahn-Hypnose genannt. Als ich beim Fahrradfahren darüber nachdachte, welche Auswirkung es hat, ob man an etwas gewöhnt ist oder nicht, musste ich an eine Passage aus dem Jakobusbrief denken. Gleich am Anfang heißt es:
„2 Seht es als einen ganz besonderen Grund zur Freude an, meine Geschwister, wenn ihr Prüfungen verschiedenster Art durchmachen müsst. 3 Ihr wisst doch: Wenn euer Glaube erprobt wird und sich bewährt, bringt das Standhaftigkeit hervor. 4 Und durch die Standhaftigkeit soll das Gute, das in eurem Leben begonnen hat, zur Vollendung kommen.“ Jak 1,2-4
Der Brief geht an Menschen, die auch Krisensituationen erleben mussten. Ich glaube, das kennt jeder, dass es Situationen gibt, die einen zu Tiefst erschüttern und in denen man dann auch seinen Glauben hinterfragt. Dann tauchen die Warum-Fragen auf. „Warum hast du das zugelassen, Gott?“ „Warum muss ich das erleben?“ „Warum hast du nichts getan?“ Ich kann auf solche Situationen gut verzichten, ich brauche keine Krisen im Leben. Und ich glaube auch nicht, dass Jakobus Krisen an sich gut findet, sondern das, was daraus folgen kann. Jakobus sagt, dass wir uns freuen können, wenn unser Glaube auch mal erprobt wird, weil daraus Standhaftigkeit kommt. Jakobus spricht hier von einem „Gewöhnungseffekt“. Wenn du Krisen durchlebst, wenn du Gott mit deinen Fragen konfrontierst und du mit ihm einen Weg findest, damit zu leben, dann kann dich die nächste Krise nicht mehr so schnell aus der Bahn werfen. Das ist so ein bisschen wie bei meinen Fahrradrunden. Die werden nicht kürzer, egal wie rum ich sie fahre. Aber wenn ich sie so wie immer fahre, dann weiß ich, was auf mich zukommt, ich weiß, wie lange es noch dauert und wann ich wieder zu Hause bin. Wer Krisen mit Gottes Hilfe durchlebt hat, ist bei der nächsten Krise gelassener. Und in dieser Gelassenheit kommt mehr und mehr das Gute von Gott in unserem Leben zu tragen. Ich wünsche dir keine Lebenskrisen und Schicksalsschläge. Aber ich weiß auch, dass sie zum Leben leider dazugehören. Deshalb wünsche ich dir in der nächsten Krise, dass du zurückschauen kannst auf die Zeiten, wo Gott dich schon durch Krisen durchgetragen hat. Und ich wünsche dir, dass du nach vorne schauen kannst in dem Wissen, dass du mit Gott im Glauben gestärkt aus der Krise herausgehen kannst.
D. Behrens