Liebe Geschwister,

es ist Donnerstagnachmittag und draußen hat starker Schneefall eingesetzt. Bevor ich vom Seniorenkreis nach Hause fahre, telefoniere ich noch mit meiner Frau. Ich sage ihr, dass ich noch schnell einkaufen gehe. „Kannst du eine Möhre mitbringen? Wir haben einen Schneemann gebaut und der braucht noch eine Nase.“

Im Geschäft eile ich durch die Gänge. Schnell packe ich alles in den Einkaufswagen, was auf der Liste steht. Eine Möhre ist auch dabei. Anschließend fahre ich langsam durch das dichte Schneetreiben nach Hause. Als ich unter den Carport fahre, sehe ich ihn auch schon, den Schneemann. Düne Arme aus Zweigen, die nicht so recht zu seinem dicken Körper passen. Wie die meisten Menschen nach Weihnachten hat auch er ein paar Pfunde zu viel auf den Hüften. Das scheint ihm aber nicht zu stören. In seinem Gesicht ist ein breites Grinsen aus den Resten meiner Grillkohle vom Sommer zu sehen. Nur die Nase fehlt noch, aber die habe ich ja dabei. Kurze Zeit später steht der Schneemann vollendet im Garten.

Später erzählt mir dann meine Familie, wie schwer es war, den Schneemann zu bauen. Um die Kugeln aufeinander zu legen, musste sogar eine Nachbarin mitanfassen. Als am nächsten Tag die Temperaturen leicht ansteigen, deutet sich schon an, welches Schicksal dem Schneemann ereilen wird. Seine Gesichtszüge werden ihm wohl entgleiten und er wird so schnell abnehmen wie kaum ein Mensch nach den Feiertagen. So ein Schneemann hat halt nur eine kurze Lebensspanne.

Ich bewundere meine Kinder und Kinder allgemein, dass sie mitunter Dinge tun, die nur für den Moment oder eine kurze Zeit sind, wie dieser Schneemann. Ich bewundere, wie Kinder im Hier und Jetzt leben können und sich freuen, ohne sich zu viel Gedanken über das Morgen zu machen. Natürlich macht es Sinn, vorrausschauend zu denken und zu planen. Es macht Sinn, Dinge zu tun, die Bestand haben. Aber genauso wichtig ist es, die besonderen Momente im Leben zu erkennen und zu genießen.

Jeder Schneemann wird einmal schmelzen, jede Sandburg am Strand wird einmal von den Wellen eingerissen, jeder wunderschöne Sonnenaufgang endet, wenn der Tag angebrochen ist und jeder Sonnenuntergang mit der Nacht. Aber trotzdem erfüllt es uns mit Freude. Vielleicht auch gerade deshalb, weil diese Dinge nur einen Moment andauern und auch schnell wieder vorbei sind. Aber genau das mach sie so kostbar.

Ich musste dabei auch an einen Vers aus dem Buch Prediger denken: „Ich bin zu der Erkenntnis gekommen: Das Beste, was der Mensch tun kann, ist, sich zu freuen und sein Leben zu genießen, solange er es hat.“ (3,12). Weiter heißt es dann, dass wir das Gute im Leben Gottes Güte zu verdanken haben. In dem Bibelvers klingt auch die Endlichkeit des Lebens an. Das unsere Zeit hier begrenzt ist, soll uns ermutigen, schon jetzt nach dem Guten und Schönen von Gott Ausschau zu halten. Und das sind nach meiner Erfahrung weniger materielle Dinge, sondern oft die besonderen Momente. Eine schöne Winterlandschaft, die Dankbarkeit, wenn mir jemand geholfen hat oder wenn ich helfen konnte oder ein fröhliches Abendessen mit der Familie. Was sind für dich besondere Momente? Nimmst du dir Zeit, um sie zu genießen? Nimmst du sie dankbar aus Gottes Hand?

D. Behrens