Liebe Geschwister,
ich bin mal wieder mit dem Fahrrad unterwegs. Diesmal nicht zu Hause, sondern im Urlaub. Mein Ziel ist eine kleine Insel, die über eine Straße auf einem Damm zu erreichen ist. Ich kenne die Strecke von vergangenen Fahrradtouren und freue mich. Straßen, die ganz dich an der Küste entlang gehen oder durch kleine, ehemalige Fischerdörfer aus reetgedeckten Häusern. Als ich nach einigen Kilometern kurz vor dem Damm angekommen bin, höre ich untypisches Geräusch vom Hinterrad. Ich halte sofort an und entdecke, dass sich eine Speiche gelöst hat. Das hatte Folgen. Mein Rennrad hat besondere Räder mit wenigen Speichen, die aber dafür umso mehr auf Spannung stehen. Sofort verzog sich die ganze Felge und das Hinterrad scheuerte an der Bremse. Weiterfahren unmöglich, ich musste mich abholen lassen. Als nächstes bin ich dann in eine Fahrradwerkstatt in der Hoffnung, dass mir geholfen werden kann. Aber leider war meine defekte Speiche so speziell, dass der nette Mechaniker mir nicht weiterhelfen konnte. Also steuerte ich nach und nach alle Fahrradgeschäfte der Region an, ohne Erfolg. Eine Idee hatte ich noch. Ich versuchte die noch intakten Speichen des Rades so spannen, beziehungsweise zu entspannen, dass die Felge wieder einigermaßen gerade wird. Das hat sogar ein bisschen funktioniert, aber leider nicht genügend, um wenigstens im Urlaub noch mit dem Fahrrad fahren zu können. Wenn man so von Fahrradgeschäft zu Fahrradgeschäft fährt, hat man Zeit zum Nachdenken. So ein Fahrrad wiegt mehrere Kilo und eine einzelne Speiche nur ein paar Gramm. Und doch funktioniert nichts mehr so richtig, wenn eine einzige Speiche kaputt ist. Ich musste dann an die Worte von Paulus aus dem 1. Korintherbrief, Kapitel 12, Vers 12 denken:
„Leidet ein Teil des Körpers, so leiden alle anderen mit.“
Paulus benutz das Bild eines Körpers, um zeigen, wie Gott sich das Miteinander der Menschen in der Gemeinde vorstellt. Auch wenn alle Menschen unterschiedlich sind, gehören doch alle zusammen, wie auch die einzelnen Körperteile zusammen den ganzen Körper ergeben. Sein Gedanke ist, dass die einzelnen Teile des Körpers nicht unabhängig von einander sind. Wer schon mal so richtig starke Kopfschmerzen hatte, kann das bestimmt nachvollziehen. Auch wenn die Kopfschmerzen nichts mit den Beinen oder Füßen zu tun haben, möchte man doch am liebsten einfach nur in Ruhe auf dem Sofa liegen und nicht noch ständig auf den Beinen sein. Aber wie ist das in der Gemeinschaft? Leidest du mit, wenn du siehst, wie jemand anderes leidet? Weil er einen geliebten Menschen verloren hat, lange krank ist oder vielleicht alleine ist? Siehst du diese Menschen in deinem Umfeld? Ich komm noch mal auf meine Speiche zu sprechen. Diese Speiche hat mir wieder einmal gezeigt, dass auch ein kleines, unscheinbares Teil wichtig ist, dazugehört und zum Zusammenhalt beiträgt. Manchmal fühlen wir uns unwichtig, unbedeutend und klein. Aber das ist nicht richtig. Jeder Mensch ist einzigartig, von Gott ganz individuell begabt und mit einer unvergleichlichen Persönlichkeit gesegnet. Wir sehen es nur nicht immer, nicht bei anderen, auch nicht bei uns selbst.
D. Behrens
