Ein Mitbewohner im Advent

Liebe Geschwister,

seit vielen Jahrhunderten sind Wichtel fester Bestandteil der dänischen Weihnachtstradition. In der Vorweihnachtszeit ziehen die Wichtel in die Häuser ein. Die Wichtel bekommt man aber selten zu Gesicht. Meistens verstecken sie sich irgendwo und man bekommt nur die kleine Wichteltür zu sehen, die zu ihrer vorübergehenden Wohnung führt. Aber wenn die Familien schlafen oder das Haus verlassen, werden die Wichtel aktiv und sorgen für kleine oder große Überraschungen und auch manchmal für so manchen Streich. Wie es aussieht, müssen wir als Familie bei unserem letzten Urlaub in Dänemark einen solchen Wichtel mit nach Deutschland „eingeschleppt“ haben.  Neben unseren Adventskalendern hat er seine Eingangstür und seinen Briefkasten. Als erstes hatte er sich nachts eine Walnuss geschnappt und die Krümel der Nussschale im ganzen Wohnzimmer verteilt, das war nicht weiter schlimm. Heute am Nikolaustag hat er aber aus meinem Schuh den Schokoladenweihnachtsmann gegen zwei Möhren ausgetauscht. Eine eindeutige Spur aus Silberpapier führte von meinem Schuh zur Wichteltür. Interessant fand ich die Reaktionen meiner Kinder auf die Streiche des Wichtels. Meine Tochter hat sehr fürsorglich reagiert. Sie hat mir heute Morgen erst mal etwas von ihrer Schokolade angeboten, ihren Schokoladenweihnachtsmann wollte sie allerdings nicht gegen meine beiden Möhren tauschen. Moritz reagierte wesentlich konfrontativer auf die Streiche des Wichtels. Erst mal wollte er einen CD-Player vor der Wichteltür platzieren und den ganzen Tag Weihnachtslieder von Rolf Zuckowski abspielen, damit der nachtaktive Wichtel keinen Schlaf findet. Des Weiteren wollte er dem Wichtel keine Kekse hinstellen, sondern einen Teller mit Kohlrabi. Ich muss dazu sagen, dass Kohlrabi zu essen für Moritz mit zu den schlimmsten Dingen zählt. Als Familie haben wir eine Menge Spaß mit unserem neuen Mitbewohner in der Adventszeit. Mich hat es aber mal wieder ins Nachdenken gebracht, wie ich auf andere Menschen reagiere. Wie reagiere ich, wenn nicht nur ein Streich gespielt wird, sondern wenn ich unrecht erlebe? Teile ich meine Schokolade oder stell ich Kohlrabi hin? Ich muss dabei ja nicht einmal selbst betroffen sein. Mitzuerleben, wie anderen Unrecht geschieht, löst ja auch etwas in uns aus. Der Umgang mit aktiv oder passiv erlebten Unrecht ist auch immer wieder Thema in der Bibel. Paulus schreibt:

„Vergeltet Böses nicht mit Bösem. Habt anderen Menschen gegenüber nur Gutes im Sinn.“ Rö 12,17

In der Welt meiner Kinder heißt das so viel wie: Keinen Kohlrabi, sondern Schokolade. Aber im Ernst, das ist ein wichtiges Thema. In der Theorie ist das Prinzip ganz leicht zu verstehen. Wo auf Böses mit Bösem reagiert wird, beginnt oft eine Kettenreaktion. Ein Wort gibt das andere, Gewalt erzeugt Gegengewalt und ein Konflikt eskaliert. Anderen Menschen gegenüber dann nur Gutes im Sinn zu haben fällt schwer. Das Weihnachtsfest hilft dabei, den richtigen Fokus zu bekommen. Jesus kam in die Welt und es war klar, dass ihn sein Weg von der Krippe bis ans Kreuz führen wird. Es war klar, dass Gott sich in Jesus allem Bösen dieser Welt aussetzen wird. Aber Jesus hatte für die Menschen nur Gutes im Sinn. Das war damals so und ist bis heute so geblieben.

Ich muss mir das immer wieder bewusst machen, dass Jesus auch für die Menschen, die mir etwas angetan haben, nur Gutes im Sinn hat. Das hilft mir die Mitmenschen, mit denen ich meine Mühe habe, anders zu sehen. Und das hilft mir anders auf sie zuzugehen, das Gute im Sinn zu haben, schon lange bevor ein Konflikt besteht. 

D. Behrens

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