Liebe Geschwister,

vor einigen Tagen kam die Meldung, dass die Zeit der extremen Dürre nun vorbei ist. In den letzten Jahren gab es vor allem im Norden und Osten von Deutschland so wenig Regen, dass auch tiefe Erdschichten außergewöhnlich trocken waren. Eine solche Trockenperiode gab es wohl seit 150 Jahren nicht. Die anhaltenden Regenfälle der letzten Monate haben aber dafür gesorgt, dass wieder ausreichend Feuchtigkeit in den Böden vorhanden ist. Als ich am Wochenende dann mit meinem Rennrad unterwegs war, erlebte ich das andere Extrem. Noch immer sind Straßen im Leinetal aufgrund von Hochwasser gesperrt. Auf dem Leineradweg sind zum Teil riesige Pfützen über die ganze Breite des Radweges. Und viele Äcker und Wiesen sind noch über weite Teile überschwemmt. Nur langsam zieht sich die Feuchtigkeit zurück. Es riecht vermodert. Trecker können wohl noch lange nicht auf die Flächen, ohne im Morast zu versinken. Von der Dürre zur Überschwemmung. Eigentlich ist Regen nach einer Dürre gut, aber es gibt auch ein Zuviel. Das ist ja nun nichts Neues. Zuviel ist bei den meisten Dingen nicht gut. Ein Glas Wein ist etwas Schönes, aber zu viel führt zu Kopfschmerzen. Essen ist eine tolle Sache, aber zu viel führt zu Übergewicht und damit zu allerlei Krankheiten. Sport ist gesund, aber zu viel kann sich auch negativ auswirken. Aber wusstest du auch, dass es ein Zuviel im Glauben gibt? Im Buch Prediger bin ich bei einem interessanten Vers hängen geblieben: 

„Sei nicht allzu fromm und übertreib es nicht mit deiner Weisheit!

Warum willst du dich selbst zugrunde richten?“ (Pred 7,16)

Stimmt das wirklich? Wird in der Bibel dazu aufgefordert, nicht zu fromm und nicht zu weise zu sein? Wie ist das zu verstehen?  Auch im Glaubensleben gibt es ein Zuviel. Natürlich kann man immer noch mehr beten, mehr in der Bibel lesen, länger und intensiver fasten und sich mehr und mehr absondern, um sich ganz auf Gott zu fokussieren. Aber wohin soll das führen und wie weit soll das gehen? Dieser Vers schiebt einem religiösen Perfektionismus einen Riegel vor. Perfektion führt dazu, dass man mit sich selbst ungnädig wird und zugrunde geht. Es gibt also ein Zuviel an Frömmigkeit und vermeintlicher Weisheit, was dazu führt, dass man den Bezug zum Leben verliert, sich selbst eingeschlossen. Auch als gläubiger Mensch tut es also gut, mit den Füßen auf dem Boden zu bleiben.

D. Behrens