Liebe Geschwister,

es ist kurz nach neun und wir wollen zum Gottesdienst nach Osterode losfahren. Während mein Sohn und ich schon vor der Haustür sind und auf den Rest der Familie warten, fragt er mich: „Findest du deine Predigt gut?“ Ich bin erst mal sprachlos. Ich rechne bei meinen Kindern ja immer mit irgendwelchen erstaunlichen Fragen, aber mit dieser Frage habe ich nicht gerechnet.

Nachdem ich einen kurzen Moment brauchte, um mich innerlich zu sammeln, versuchte ich ihm zu antworten: „Ähhh, warum fragst du das? Ja, natürlich finde ich sie gut, sonst würde ich damit ja nicht zum Gottesdienst fahren und mich vor die Gemeinde stellen.“ Schweigen. Ich warte einen Moment und frage noch mal nach: „Warum fragst du, ob ich meine Predigt gut finde?“ Ich merke, wie mein Sohn sich seine Worte zurechtlegt und dann setzt er an: „Also, wenn du eine Predigt nicht gut finden würdest, dann würde ich während deiner Predigt mit dem Fußball gegen die Heizung schießen, dann würden die Leute nicht so mitbekommen, was du sagst.“ Ich bin wieder sprachlos.

In der Gemeinde in Osterode gibt es einen riesigen Kellerraum, so groß, dass man darin Fußballspielen kann. Fliegt der Ball aber gegen die Heizung im Keller, hört man es im ganzen Haus. Eigentlich macht mir das nie was aus, wenn man während meiner Predigt im Hintergrund den Kindergottesdienst hört. Aber das mein Sohn den Ball so oft gegen die Heizung schießen würde, um von einer eventuell schwachen Predigt abzulenken? Irgendwann war es dann auch mit meiner Sprachlosigkeit vorbei. Ich sage zu ihm: „Das ist nett, aber das brauchst du nicht zu machen. Ich mag meine Predigt und ich glaube, es ist ganz gut, wenn die Menschen auch was von der Predigt mitbekommen.“

In den Tagen danach musste ich immer wieder an die Frage meines Sohnes denken: „Findest du deine Predigt gut?“ Die Antwort ist für mich nach wie vor ganz einfach. Würde ich meine Predigten nicht gut finden, würde ich mich damit nicht vor eine Gemeinde stellen. Natürlich gibt es Predigten, die ich besser finde und andere weniger gut. Wenn ich alte Predigten lese, denke ich mir auch manchmal, dass ich es heute anders sagen würde. Was mich aber mehr bewegt als die Frage, ob ich meine Predigten gut finde, ist die Frage, ob sie auch meine Hörerinnen und Hörer gut finden.

Wenn ich darüber nachdenke, geht es mir nicht um Anerkennung. Ich denke dann vielmehr an einen Satz denken, den der Prophet Jeremia überliefert hat: „Mein Wort ist wie ein Hammer, der Felsen zerschlägt.“ (Jer 23,29) Eine Predigt soll ja auf dem Wort Gottes aufbauen, das uns durch die Bibel überliefert ist. Überlege mal, würdest du eine Predigt gut finden, die so eine Wirkung bei dir hätte? Die wie ein Hammer einschlägt? Zugegeben, das ist ein ganz schön brachiales Bild, das Jeremia hier weitergibt. Aber gehst du davon aus, dass es in deinem Leben Verhaltensweisen oder falsche Vorstellungen gibt, die zerschlagen werden sollten?

Ich bin als Pastor ja nicht nur Prediger, sondern auch Predigthörer. Auf der einen Seite mag ich Predigten, die mir zwar nichts Neues sagen, aber meine Glaubensstandpunkte festigen, zum Beispiel, dass Gott Liebe ist. Auf der anderen Seite schätze ich aber auch die Predigten, die erst mal in mir einen Widerstand auslösen, über die ich mich vielleicht sogar ein bisschen ärgere. Warum? Manchmal sind das die Predigten, wo Gottes Wort wie ein Hammer ist und falsches Verhalten und falsche Vorstellungen korrigiert. Überlege mal, wann du dich zuletzt nach einer Predigt geärgert hast und warum? War sie wirklich schlecht oder hat Gottes Wort etwas berührt, wo du eine Kurskorrektur brauchst?

D. Behrens