Liebe Geschwister,
beim Autofahren im Radio, auf Weihnachtsmärkten oder zu Hause, überall sind momentan Weihnachtslieder zu hören. Während ich das Lied „Stille Nacht, Heilige Nacht“ in einer modernen englischen Version hörte, kam ich ins Nachdenken. Ist diese Nacht wirklich so still gewesen? Die Geburt von Jesus geschah in einem Stall. Ob die Tiere andächtig geschwiegen haben? Ich glaube nicht. Und ob die Hirten still waren? Ich kann mir vorstellen, dass sie es versucht haben. Ob es ihnen gelungen ist, nach all dem, was sie in dieser Nacht schon erlebt hatten? Der Text im Lukasevangelium berichtet, dass die Hirten den Menschen erzählten, was sie erlebt hatten. Erst danach kehrten sie wieder zurück zu ihren Herden. Gut möglich, dass noch weitere Besucher zur Krippe kamen.
So sehr ich das Lied mag, ich glaube still ist es in der Heiligen Nacht nur in unseren romantischen Vorstellungen gewesen. Ich erinnere mich immer gerne an unser Weihnachten im Jahr 2016. Am Tag vor Heiligabend war unser Sohn geboren. Nach dem Gottesdienst fuhr ich dann mit unserer Tochter ins Krankenhaus. Eine Familie aus der Gemeinde war auch noch kurz vorbeigekommen, aber als sie gegangen waren, war es wirklich still. Unser Sohn schlief und unsere Tochter wusste noch nicht so wirklich, was sie mit ihrem kleinen Bruder anfangen sollte. So still war unser Weihnachten davor und auch danach nie wieder.
Als wir noch keine Kinder hatten, verbrachten wir am Heiligabend viel Zeit im Auto. Wir waren den ganzen Tag unterwegs, um Eltern, Schwiegereltern, Geschwister und Großeltern zu besuchen. Das war schön, aber alles andere als eine Stille Nacht. „Ich muss jetzt los“, war ein Satz, den ich öfters gesagt habe, um dann eilig zum nächsten Besuch zu fahren. Mittlerweile sind wir nicht mehr so viel unterwegs, aber wirklich still ist der Heiligabend noch immer nicht. Es gibt immer noch das eine oder andere zu tun. Die letzten Vorbereitungen für das Krippenspiel, den Gottesdienst, das Abendessen und so weiter. Der Tag ist bei uns genau durchstrukturiert. Mittlerweile weiß ich diesen Moment besonders zu schätzen, wenn spät am Abend alle im Bett sind, die Kinder zufrieden von ihren Geschenken träumen und ich noch alleine oder mit meiner Frau im Wohnzimmer sitze. In vielen Häusern sind dann schon die Lichter aus und auch die Straßenlaternen und die Lichterketten in den Gärten leuchten nicht mehr. Kaum jemand ist noch unterwegs. Ich liebe diesen Moment, wenn ich spüre, dass es jetzt wirklich still geworden ist und diese Stille auch von mir Besitz ergreift. Wenn alles hinter mir liegt, was in den vergangenen Wochen meine Gedanken bestimmt hat. Wenn es dann auch in mir still wird, dann kann ich mich darauf besinnen, was wir an Weihnachten feiern: Nicht ich muss versuchen, zu Gott zu kommen, Gott kommt zu mir und nicht ich muss mich groß machen, Gott macht sich klein. Vielleicht sind deine nächsten Tage auch so voll wie bei mir. Ich wünsche dir aber, dass du auch solche stillen Momente erlebst. Eine innere Stille, die dich darüber stauen lässt, wie dieser Gott in die Welt gekommen ist.
D. Behrens