Liebe Geschwister,

täglich gehen wir durch Türen. Türen eröffnen Räume, die ganz unterschiedlich sein können. Mitunter wissen wir, was uns erwartet. Wenn ich zum Beispiel an der Haustür meines Elternhauses stehe, dann weiß ich, dass hinter der Tür viel Gutes auf mich wartet. Anders ist das, wenn ich zu einem Einsatz in der Notfallseelsorge gerufen werde. Wenn ich dann vor einer Tür stehe, gehen mir viele Gedanken durch den Kopf. Was für Menschen werden dort sein? Wie groß ist ihre Trauer und wie gehen sie damit um? Werde ich helfen können? Hinter Türen kann ganz Unterschiedliches auf uns warten. Durch manche Türen gehen wir gerne, durch andere nicht und bei manchen wünschen wir uns, dass sie geschlossen bleiben.

Als ich letztes Jahr im Sommer im Urlaub war, ging ich am Strand entlang. An einer Ecke der Bucht entdeckte ich zwischen Büschen und Bäumen ein altes Haus, das wohl schon länger nicht mehr betreten wurde. In den Mauern waren schon etliche Risse. Natürlich hatte dieses Haus eine Tür. Die meiste Farbe war aber schon abgeblättert und die kleinen Scheiben waren alle kaputt. Ich schaute in Innere. Alle Möbel standen noch in den Räumen, Tische. Alles wirkte so, als wären die Besitzer nur mal kurz weg. Aber irgendetwas ist wohl dazwischengekommen. Und so legte sich über die Jahre eine immer dickere Staubschicht über das Innenleben des Hauses, während auch außen der Zahn der Zeit das übrige tat. Während ich mir alles anschaute und überlegte, was wohl der Grund dafür war, dass dieses kleine Wochenendhaus aufgegeben wurde, entdeckte ich in einer Anrichte einen Stapel mit Geschirr. Weißes Porzellan mit einem auffälligen Goldrand. Es schien fast so, als wäre es weniger verstaubt und die Zeit konnte ihm weniger anhaben als dem Rest im Haus. Damit hätte ich nicht gerechnet. Ich weiß nicht, ob es kostbar war, aber auf mich wirkte es so.  Manchmal weiß man eben nicht, was einem hinter einer Tür erwartet. Und auch hinter Türen, die nicht einladend wirken, kann etwas Schönes und Kostbares warten.

In der Bildsprache der Bibel kommen Türen auch oft vor. Jesus bezeichnet sich selbst als Tür. Damit wollte er deutlich machen, dass man durch ihn zu Gott gelangen kann. Manchmal ist die Tür auch ein Bild für Gelegenheiten, die Gott schenkt und bei denen wir erleben können, wie Gott wirkt und was er tut. Ich muss seit meinem Urlaub im letzten Jahr immer wieder an diese Tür am Strand denken. Die Türen, die Gott uns eröffnet oder zu denen er uns führt, wirken nicht immer einladend. Manchmal schon, manchmal können wir das Gute von Gott schon erahnen. Aber eben nicht immer. Manchmal sind die Türen so lange verschlossen und was dahinter liegt ungewiss, bis wir den ersten Schritt hindurch machen. Aber wenn Gott uns an eine Tür führt, und wenn sie auch noch so wenig einladend wirkt, dann wird irgendetwas Kostbares dahinter liegen, irgendetwas im übertragenen Sinne mit Goldrand.

D. Behrens