Liebe Geschwister,
vor ein paar Tagen war ich dabei, etwas im Garten zu machen. Weil das Wetter gut war, war auch mein Sohn mit nach draußen gekommen. Nun saß er auf der Schaukel und war dabei ein paar Töne zu pfeifen. Die Töne wirkten aber nicht besonders melodisch. Mich wunderte das etwas, weil er sonst ohne Probleme Melodien pfeift. Also versuchte ich herauszufinden, was er da tat. „Na, was pfeifst du denn so?“, fragte ich ihn. Ganz selbstverständlich antwortete er mir: „Ich rede mit den Vögeln.“ Erstaunt fragte ich zurück: „Du kannst mit den Vögeln reden? Das ist ja toll.“ Er guckte mich etwas erstaunt an, weil es für ihn wohl selbstverständlich war, dass man mit Vögeln reden kann. „Das ist ganz einfach, man muss nur an ein Wort oder einen Satz denken und dann dabei die Wörter pfeifen.“ Und nachdem er das gesagt hatte, kamen drei Töne aus seinem gespitzten Mund. Ganz offensichtlich wollte er mir vormachen, wie er den Vögeln etwas Wichtiges mitteilt. Kurz überlegte ich, was ein Gesprächsthema für eine Unterhaltung mit einem Vogel sein könnte. Vielleicht, ob sie genügend Futter finden? Ob sie schon ein Nest gebaut haben und Nachwuchs in Sicht ist? Oder wie gefährlich Nachbars Katzen sind? Ich frage nach: „Und? Was hast du gesagt?“ „Ich liebe euch“, und sofort pfeift er wieder drei Töne. Mit etwas Fantasie erkenne ich in diesen Tönen die Worte „Ich liebe euch.“
Als ich später eine kurze Pause mache, muss ich noch mal an diese Situation denken. Mich erinnert es an Gottes Liebe, die auch keine Grenzen kennt. Mein Sohn saß auf der Schaukel und wollte an diesem warmen Frühlingstag den Vögeln sagen, dass er sie lieb hat. Eigentlich nicht möglich. Vogelgezwitscher und menschliche Sprache sind nicht kompatibel. Und sind Vögel überhaupt dazu in der Lage, Emotionen zu empfinden? Meinem Sohn war das egal. Die Grenzen, die ich als Erwachsener sah, existierten für ihn nicht. Genauso ist auch Gottes Liebe grenzenlos. Auf der einen Seite ist da Gott, der losgelöst von Raum und Zeit in der Ewigkeit existiert. Und dann sind da wir Menschen in ihrer Begrenztheit. Aber Gott hat diese Grenzen überwunden, wurde in Jesus Mensch, um seine Liebe zu zeigen. Er ging auf die Menschen zu, die ausgegrenzt waren und am Rande der Gesellschaft lebten. Und er versuchte selbst die Menschen für Gottes Liebe zu gewinnen, die mit seiner Zuwendung zu den Ausgegrenzten ein Problem hatten. Hat Jesus alle erreicht? Nein, aber er hat es versucht. Ich frage mich, wie es bei mir aussieht. Versuche ich auch da die Liebe Gottes weiterzugeben, wo es scheinbar unüberwindbare Grenzen gibt? Wo ich Menschen als zutiefst verbittert oder voller Hass erlebe? Ich will es versuchen. Wenn mein Sohn mit Vögeln reden kann, dann kann Gottes Liebe doch auch viel mehr bewirken, als ich manchmal wahrhaben möchte.
D. Behrens