Liebe Geschwister,
diese Woche gibt es mal keine Geschichte aus unserem Familienleben. Ich möchte ein Thema ansprechen, dass mich schon länger bewegt: Verbindlichkeit. Mein Eindruck ist, dass unsere Gesellschaft immer unverbindlicher wird. Meine Zahnarztpraxis ruft mich immer einen Tag vor einem Termin an und erinnert mich. Ich sage dann immer: „Ich werde da sein, ich habe es in meinem Kalender stehen.“ Aber das die Praxis sich die Arbeit macht und ihre Patienten anruft, sagt mir, dass auch immer wieder Patienten nicht zu Terminen kommen. Bei meinem Friseur ist es ähnlich. Einen Tag vor meinem Termin bekomme ich eine automatische E-Mail als Erinnerung. Es gibt Arztpraxen, die sich von Patienten trennen, wenn diese Termine nicht einhalten oder zu mindestens eine Ausfallgebühr erheben. Das Problem ist nicht, dass mal ein Termin vergessen wird. Das passiert jedem Mal. Das Problem ist eine voranschreitende Unverbindlichkeit. Es gibt Menschen, die reservieren in drei verschiedenen Restaurants einen Tisch, um am Abend dann spontan zu entscheiden, worauf sie Lust haben. Zwei Gastronomen haben dann Pech, weil sie einen Tisch freihalten, der dann aber unbesetzt bleibt. Ich kann mir gut denken, dass viele jetzt mit dem Kopf schütteln, wenn sie von so etwas lesen. Ich merke aber, wie diese Unverbindlichkeit alle Lebensbereiche durchdringt. Nicht nur Ärzten, Friseuren und Gastronomen geht es so. Es wird immer schwerer Menschen zu finden, die sich ehrenamtlich einbringen. Wer sich ehrenamtlich einbringt, muss sich auch mal festlegen und da fängt das Problem an. „Das entscheide ich kurz vorher, vielleicht ist ja noch was anderes“, ist dann mitunter eine Antwort. Und wenn jemand etwas zugesagt hat, dann kann es immer noch passieren, dass kurzfristig wieder abgesagt wird. Gutes Wetter reicht mitunter als Grund. Das Phänomen hat auch einen Namen: „Fear of a better option“, kurz FOBO genannt. Die Angst vor einer besseren Option führt Menschen dazu, dass sie sich nicht oder sehr spät festlegen.
Ich erinnere mich an eine Begebenheit, die sich vor zwei Jahren ereignete. Wie jedes Jahr schaute ich mir nach der Veröffentlichung der Route der Tour de France an, wo die Strecke lang führte. Dann sah ich, dass mehrere Etappen zu Beginn durch Dänemark, meinem Lieblingsurlaubsland gingen. Ich war gespannt und schaute genauer nach. Zu meinem Erstaunen führten die Etappen genau durch die Regionen, in denen wir seit Jahren Urlaub machen. Sofort hatte ich die Straßen vor Augen, auf denen sich in einigen Monaten mein Lieblingssportereignis ereignete. Sofort war ich fest entschlossen, für einen Tag in die Region zu fahren, um mir eine Etappe anzuschauen. Morgens früh los und am späten Nachmittag wieder zurück. Zeitlich wäre das ohne Problem möglich gewesen. Dann schaute ich in den Kalender. Genau an dem Tag stand ein Termin, den ich schon vor langem zugesagt hatte. Für mich war sofort klar, dass mein Kurztrip nach Dänemark zur Tour de France nicht klappen würde. Ich hatte etwas verbindlich zugesagt und dazu wollte ich auch stehen. Am Ende ist mir dieser Tag auch genauso in Erinnerung geblieben, wie es vielleicht der Ausflug nach Dänemark gewesen wäre. Ich erzähle das, weil mir als Christ Verbindlichkeit wichtig ist. Nicht einfach nur so, sondern weil ich mit meinem Leben etwas von Gottes Wesen widerspiegeln möchte und Gott ist im höchsten Maß verbindlich. Deutlich wird das immer dann, wenn Gott als treu bezeichnet wird. Das bedeutet ja nichts anderes, als dass Gott zu dem steht, was er versprochen hat. Er liebt die Menschen, er vergibt und er steht den Menschen zu Seite. Verbindlichkeit oder Treue ist der feste Boden, auf dem die Beziehung zu Gott stehen kann.
Verbindlichkeit im Alltag ist mitunter nicht leicht. Manchmal verpasst man auch was. Aber Verbindlichkeit schafft Vertrauen, und dass ist mehr wert als alles andere Gott macht es vor.
D. Behrens
