Liebe Geschwister,  

bestimmt hast du auch schon einmal etwas vergessen. Ich vergesse immer wieder mal etwas. Das Portemonnaie, wenn ich zum Einkaufen gehe und im Geschäft dann irgendetwas, was auf der Liste steht. In der Regel ist es ja nicht tragisch, wenn wir etwas vergessen. Wenn man etwas beim Einkaufen vergessen hat, muss man halt noch mal los und wenn man den Haustürschlüssel vergisst, hat man hoffentlich noch irgendwo einen Ersatzschlüssel deponiert. Manchmal kann es aber auch ärgerlich sein, wenn sich jemand in einer Sache auf mich verlässt und ich es dann einfach vergesse. Genauso kann ich mich auch über die Unzuverlässigkeit anderer ärgern. Vor kurzem habe ich eine Geschichte gelesen, in der es auch um etwas Vergessenes ging, und zwar um ein Weihnachtsgeschenk. Das wurde aber nicht nur ein paar Tage vergessen, sondern fast fünfzig Jahre. Als Tim King im US-Bundesstaat Illinois im Haus seiner Eltern das Badezimmer renovieren will, macht er eine interessante Entdeckung. In einem Hohlraum einer Leichtbauwand entdeckt er ein Päckchen mit rotem Geschenkpapier mit Disney-Motiven. Das Geschenk war verstaubt und ausgeblichen. Als er es sich genauer anschaut, entdeckt er auf dem Päckchen seinen Namen: Jim. Zusammen mit seiner Mutter packt er das Geschenk aus. Es waren Thunderjets – Spielzeugflugzeuge. Ende der 70er-Jahre hätte er sich bestimmt sehr über die Flugzeuge gefreut. Aber wie ist das Geschenk in die Wand gekommen? Die Mutter von Jim King hatte die Weihnachtsgeschenke immer auf dem Dachboden versteckt. Irgendwie muss es dann wohl von dort in den Zwischenraum der Leichtbauwand gefallen sein. Und obwohl immer sehr genau darauf geachtet wurde, dass Jim und seine Schwester immer genau gleich viele Geschenke bekommen, viel es in jenem Jahr wohl nicht auf, dass Jims Schwester ein Geschenk mehr bekam. Seine Mutter hatte es wohl einfach vergessen, dass irgendwo noch die Spielzeugflugzeuge sein müssen. Hätte sie daran gedacht, hätte man das Geschenk suchen können. Die Familie nahm es mit Humor und machte Witze darüber, dass Jim fast fünfzig Jahre ein Geschenk vorenthalten wurde. Ich finde es erst mal nicht schlimm, wenn etwas vergessen wird, weil es in der Regel nicht böse gemeint ist. Man verspricht, dass man sich bei jemanden meldet und in der Hektik des Alltags geht es unter. Zwischendrin denkt man noch daran, aber dann hat man es auf mal vergessen. Man will etwas auf der Arbeitsstelle aufräumen, findet aber keine Zeit. Man schiebt es vor sich her und irgendwann hat man es vergessen und ein Kollege hat es schon erledigt. Klar kann so etwas erst mal nervig sein, aber ich muss es nicht persönlich nehmen, weil wir Menschen manchmal auch einfach etwas aus dem Blick verlieren. Im Buch der Sprüche (Spr 19,11) gibt Gott einen guten Tipp, wie man mit den kleinen Verfehlungen im Alltag gut umgehen kann, um dabei die Ruhe zu bewahren:     

„Ein Mensch, der Einsicht hat, regt sich nicht auf; es gereicht ihm zur Ehre, bei Verfehlungen Nachsicht zu üben.“

Am Anfang steht die Einsicht. Ich finde, das ist ein ganz wichtiger Gedanke: Warum hat jemand etwas getan oder auch nicht getan? Ist etwas gegen mich persönlich gerichtet oder hat er es einfach nur vergessen, nicht im Blick gehabt oder unbedacht gehandelt? Meistens sind die Dinge, die uns aufregen könnten, nicht persönlich gemeint. Es hilft einfach mal nachzufragen, was passiert ist und wie es zu der Situation kam, bevor mal sich selbst was zusammenreimt. Wenn etwas nicht persönlich gegen mich gerichtet ist, dann fällt es mir auch leichter nachsichtig zu sein. Und das führt dazu, dass ich mich nicht so sehr aufrege. Ich glaube, Gott handelt auch so. Im Psalm 139 bittet David: „Prüfe mich und erkenne, wie ich es meine.“ David wusste, dass er nicht alles richtig macht. Aber er bringt damit vor Gott zum Ausdruck: „Mir gelingt nicht alles im Leben, aber grundsätzlich meine ich es gut. Schaue in mein Herz und erkenne mich.“  Ich glaube, es ist gut, wenn wir mehr versuchen, wie Gott zu handeln und in die Herzen der Menschen schauen, bevor wir uns über etwas aufregen. 

D. Behrens