Wer zu spät kommt, den belohnt das Leben

Liebe Geschwister,

ich bin gerne pünktlich und ich komme gerne rechtzeitig zu Veranstaltungen. Bei manchen Dingen lasse ich mir aber auch gerne Zeit. Das unser Weihnachtsbaum immer bis weit in den Januar stehen bleibt, habe ich euch ja bereits geschrieben. Mit der Weihnachtsbeleuchtung im Garten lasse ich mir auch immer Zeit. Der Plan ist immer an einem warmen und trockenen Tag die Lichterketten abzuhängen. Dieses Jahr gab es zwar schon etwas wärmere Tage, die auch relativ trocken waren, an diesen Tagen hatte ich aber keine Zeit. Und an den Tagen, an den ich Zeit hatte, war das Wetter so schlecht, das ich ehrlich gesagt keine Lust dazu hatte. Also blieben die Lichterketten hängen, lediglich der Stecker wurde gezogen. Ich musste immer wieder daran denken, dass ich das ja eigentlich noch erledigen muss. Dabei hatte ich ein leicht schlechtes Gewissen. Bis letzter Woche. Als es anfing zu schneien und der Garten komplett schneebedeckt war, ging ich nach draußen und steckte den Stecker wieder ein und freute mich über die schöne Beleuchtung im Garten. Manchmal ist es halt auch nicht schlecht, spät dran zu sein. Während ich in den Garten blickte, wurde mir klar, dass es manchmal gar nicht so wichtig ist, dass alles schnell und zu bestimmten Zeitpunkten geschieht. Das hat mich an eine meiner Lieblingspersonen aus dem Neuen Testament erinnert, an den Apostel Thomas. Als Jesus seinen Jüngern erschien, war er nicht dabei. Warum auch immer, darüber schweigt Johannes in seinem Evangelium. Thomas ist nicht dabei, als Jesus plötzlich bei den Jüngern ist. Thomas verpasst den Moment, in dem Jesus den Jüngern seine Wunden zeigt. Thomas erlebt es nicht, wie Jesus schon vor Pfingsten eine Portion des Heiligen Geistes verteilt. Thomas kann es nicht glauben, was die anderen erlebt haben. Er denkt, dass er erst zum Glauben fähig ist, wenn er die Wunden sieht und berührt. „Pech gehabt. Du warst halt nicht zur richtigen Zeit am richtigen Ort, du warst zu spät“, könnte man Thomas zurufen. Ich frage mich dann immer, wie das wohl für Thomas war. Alle anderen hatten diese besondere Jesus-Begegnung und er ist auf einmal so etwas wie ein Außenseiter. Vielleicht haben alle darüber gesprochen, wie es war Jesus zu sehen, und er muss es sich anhören, als einer, der nicht dabei war. Aber für Jesus war Thomas kein Außenseiter, auch wenn er nicht da war, als Jesus sich den Jüngern zeigte. Thomas war für Jesus kein Außenseiter, nur weil er noch nicht glauben konnte. Das Johannesevangelium berichtet, dass acht Tage später Jesus wieder zu den Jüngern kommt. Und Jesus wendet sich ganz besonders Thomas zu. Jesus erlaubt es dem Thomas sogar die Wunden zu berühren. Aber das will er gar nicht mehr. Er ist so überwältigt von dem Moment, dass er sagt: _„Mein Herr und mein Gott.“ „Wer zu spät kommt, den belohnt das Leben“, könnte man zu Thomas sagen. Ich möchte jetzt kein Plädoyer fürs zu spät kommen und für Unpünktlichkeit halten. Aber diese Geschichte zeigt mir doch, dass verpasste Momente im Leben von uns Menschen für Gott kein Hindernis darstellen. Wenn du also denkst, einen Moment verpasst zu haben oder dass es für etwas zu spät ist, dann denke an Thomas. Er musste Tage lang warten, aber dann war es soweit. Gott belohnte ihn mit einem ganz besonderen Moment. Vielleicht wartet auf dich ja auch noch etwas Besseres.    

D. Behrens

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