Liebe Geschwister,
Vor fast einem Jahr habe ich mir eine neue digitale Armbanduhr gekauft, die etliche Funktionen hat. Zum Beispiel meine Schritte zählen, Anrufe entgegennehmen, meine Herzfrequenz messen und mir sagen, ob ich gut geschlafen habe, als wenn ich das nicht selber wüsste. Dazu kommen noch etliche Funktionen, die ich noch gar nicht entdeckt habe. Vor einigen Tagen vibrierte meine Uhr mal wieder am Handgelenk, um mir etwas mitzuteilen. Ich schaue auf die Anzeige und lese: „Gut gemacht, sie haben ihr Fitnessalter reduziert.“ Ich staune nicht schlecht. Ich bin also jünger geworden. Ich dachte immer, dass mein Alter feststeht, ausgehend vom Geburtsdatum täglich einen Tag Älterwerdend. Aber anscheinend steht es nicht so fest und man kann auch jünger werden.
Ich schaue genauer hin. Meine Uhr sagt mir, dass ich 47,5 Jahre alt bin. Ich überlege kurz. Mein Geburtstag ist schon ein paar Monate her. Wie alt bin ich eigentlich? Ach ja, 46. Dann ist das ja gar nicht so gut, wenn mein Fitnessalter bei 47,5 liegt. Ich schaue auf mein Handy, auf dem eine App zu der Uhr installiert ist. Da erfahre ich, dass ich genug Sport mache. Über mein Körpergewicht sagt mir die App nichts Neues, darüber möchte ich hier nicht reden. Aber Stress könnte ich mal reduzieren, dann würde mein Fitnessalter auch sinken. Bis zu acht Jahre währen möglich. Ich rechne wieder nach. Wenn ich also genügend Sport mache, mich gesund ernähre und immer schön auf Entspannung achte, könnte ich mich wieder wie 38 fühlen.
Ich denke zurück. Als ich 38 war, war meine Tochter gerade mal ein Jahr alt. Ich erinnere mich an nächtliche Besuche und in Folge dessen schlaflose Nächte. Ich glaube, ich fühlte mich damals wie 50. Wobei ich ja noch nicht wissen kann, wie man sich mit 50 fühlt. Das werde ich erst in vier Jahren wissen, beziehungsweise schon in zweieinhalb Jahren, wenn es um das Fitnessalter geht. Noch komplizierter wird es, wenn man die Altersforschung betrachtet.
Die meisten Menschen fühlen sich jünger, als sie nach Lebensjahren sind. Dieser Effekt steigt sogar mit dem Lebensalter und von Generation zu Generation. 40-jährige fühlen sich im Schnitt zehn Jahre jünger, demnach fühle ich mich wie Mitte dreißig. Richtig kompliziert mit dem Altern wird es bei einem Trend, der sich Bio-Hacking nennt. Menschen, die danach leben, versuchen alles zu tun, um ihren Alterungsprozess zu verlangsamen. Als ich mal eine Dokumentation darüber gesehen hatte, fand ich das sehr stressig. Also nichts für mich. Meine Uhr sagte mir ja, dass ich Stress reduzieren soll. Das mit dem Alter ist also kompliziert. Neben dem tatsächlichen Alter gibt es also noch ein gefühltes Alter und ein Alter entsprechend der körperlichen Verfassung. Aber wie alt bin ich nun wirklich? Ich nehme mir den Rat meiner Uhr zu Herzen und entspanne mich.
Es gibt Tage, da fühle ich mich wirklich alt und es gibt Tage, da fühle ich mich wie der junge Adler aus Psalm 103,5. Über allem steht aber ein anderer Satz aus den Psalmen: „Meine Zeit steht in deinen Händen.“ Ps 30,16. Was für eine einfache und beruhigende Antwort.
D. Behrens